Das Gedicht "Mein Glaube" stammt von Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg (1774-1860). Er war Generalvikar und Verweser des ehemaligen Bistums Konstanz und gilt als einer der bedeutendsten Aufklärer innerhalb des Katholizismus seiner Zeit. Der Vatikan enthob ihn seiner Ämter.(1774-1860)
Ich glaube, dass die schöne Welt regiere Ein hoher, weiser, nie begriff‘ner Geist, Ich glaube, dass Anbetung ihm gebühre, Doch weiß ich nicht, wie man ihn würdig preist.
Nicht glaub‘ ich, dass der Dogmen blinder Glaube Dem Höchsten würdige Verehrung sei, Er bildet uns ja, das Geschöpf im Staube, Vom Irrtum nicht und nicht von Fehlern frei.
D‘rum glaub‘ ich nicht, dass vor dem Gott der Welten Des Talmud und des Alkoran Bekenner weniger als Christen gelten; Verschieden zwar, doch alle beten an!
Ich glaube nicht, wenn wir vom Irrwahn hören, Der Christenglaube mache nur allein Uns selig! wenn die Finsterlinge lehren: “Verdammt muss der Andersdenker sein!”
Das hat der Weise, der einst seine Lehre Mit dem Tod besiegelt, nie gelehrt; Das hat fürwahr - dem Herrlichen sei Ehre - Kein Jünger je aus seinem Mund gehört!
Er lehrte Schonung, Sanftmut, Duldung üben, Verfolgung war des Hohen Lehre fern; Er lehrt‘ ohn‘ Unterschied die Menschen lieben, Verzieh dem Schwachen und dem Feinde gern.
Ich glaube an des Geistes Auferstehen, Dass, wenn dereinst das matte Auge bricht, Geläuterter wir dort uns wiedersehen, Ich glaub‘ und hoff‘ es! doch ich weiß es nicht.
Dort, glaube ich, werd‘ ich die Sehnsucht stillen, Die hier das Herz oft foltert und verzehrt, Die Wahrheit, glaub‘ ich, wird sich dann enthüllen Dem Geiste dort, dem hier ein Schleier wehrt. –
Ich glaube, dass für dieses Erdenleben, Glaub‘s zuversichtlich, trotz der Deutlerzunft, Zwei schöne Güter mir der Herr gegeben, Das eine Herz, das andere heißt Vernunft.
Die letzt‘re lehrt mich prüfen und entscheiden, Was ich für Recht und Pflicht erkennen soll, Laut schlägt das Erst‘re bei des Bruders Freuden, Nicht minder, wenn er leidet, warm und voll!
So will ich denn mit regem Eifer üben, Was ich für Wahrheit und für Recht erkannt, Will brüderlich die Menschen alle lieben, Am Belt, am Hudson und am Ganges-Strand.
Ihr Leid zu mildern und ihr Wohl zu mehren Sei jederzeit mein herzlichster Beruf, Durch Taten glaub‘ ich würdig zu verehren Den hohen Geist, der mich und sie erschuf.
Und tret‘ ich dann einst aus des Grabes Tiefen Hin vor des Weltenrichters Angesicht, So wird er meine Taten strenge prüfen, Doch meinen Glauben? Nein, das glaub‘ ich nicht!
Der Bindestrich von Linda Ellis
Ich las einmal von einem Mann, der beim Begräbnis einer Freundin die Rede hielt. Er sprach von den Daten auf ihrem Grabstein, vom Anfang ... bis zum Ende.
Erst nannte er das Datum ihrer Geburt das danach folgende mit Tränen in den Augen. „Aber", sagte er, „was wirklich zählt, ist nur der Bindestrich zwischen den Jahreszahlen.
Dieser Bindestrich steht für die Zeit, die Zeit, die sie lebte und wandelte auf Erden - Und nur jene, die sie geliebt haben, wissen, was dieser kleine Strich wirklich wert ist.
Für diesen kleinen Strich spielt es keine Rolle, wie viel wir besitzen; die Autos..., das Haus..., das Geld. Wichtig ist nur, wie wir leben und lieben und wie wir unseren Bindestrich gestalten.
Denke gründlich darüber nach“, forderte er, „gibt es Dinge, die du noch ändern möchtest? Du weißt nie, wie viel Zeit dir noch bleibt, um es zu tun.
Immer wenn du kannst, dann halte inne, um zu erkennen, was wahrhaftig, rechtens und richtig ist und versuche stets die Art und Weise zu verstehen, wie andere Menschen fühlen.
Sei nicht so schnell verärgert und gib anderen mehr Anerkennung, Und liebe Menschen deines Lebens, wie du nie zuvor geliebt hast.
Behandle andere mit Respekt und trage öfter ein Lächeln. Denk daran, dass dieser besondere Bindestrich nur ganz kurz sein kann.
Und er schloss: „Wenn einst in deiner Grabrede die Werke deines Lebens verkündet werden, könntest du auf all das stolz sein, wofür dein Bindestrich steht?“
„Sei Herr deines Zornes!” Weisheit aus dem Tempel zu Delphi
Verwundung - oder die Nägel im Zaun
Es war einmal ein Junge mit schwierigem Charakter. Sein Vater gab ihm einen Beutel gefüllt mit Nägeln und bat ihn, jedes Mal einen Nagel in den Gartenzaun zu schlagen, wenn er seine Geduld verloren habe oder mit jemandem in Streit geraten sei.
Am ersten Tag schlug der Junge 37 Nägel in den Gartenzaun. In den folgenden Wochen lernte der Junge, sich zu beherrschen und die Zahl der Nägel, die er in den Zaun zu schlagen hatte, wurde immer weniger. Der Junge merkte mit der Zeit, dass es einfacher war sich zu beherrschen, als Nägel in den Zaun zu hämmern. Schließlich kam der erste Tag, an dem der Junge keinen Nagel in den Gartenzaun schlagen musste.
Er ging zu seinem Vater und erzählte ihm, dass er heute keinen Nagel in den Gartenzaun geschlagen habe. Der Vater freute sich über diese Nachricht und trug dem Jungen auf, er solle von nun an an jedem Tag, an dem er sein Temperament erfolgreich unter Kontrolle halten könne, wieder einen Nagel aus dem Zaun herausziehen.
Viele Tage vergingen, bis der Junge seinem Vater erzählen konnte, dass er alle Nägel aus dem Zaun gezogen habe. Der Vater ging daraufhin mit seinem Sohn zum Zaun und erklärte ihm:
„Mein Sohn, du hast dich in letzter Zeit gut benommen. Aber schau nur, wie viele Löcher, du im Zaun hinterlassen hast. Er wird nie mehr der selbe Zaun sein wie vorher. Jedes Mal wenn du Streit mit jemandem hast oder ihn gar beleidigst, bleiben Wunden zurück - wie diese Löcher im Zaun. Es ist, als stächest du jemanden mit einem Messer. Wenn du es wieder herausziehst, bleibt jedesmal eine Wunde, die nie wieder völlig verheilen wird. Und ganz egal, wie oft du dich auch entschuldigst, die Wunde wird als Narbe immer bleiben.
Eine Wunde, die du mit Worten erzeugst tut genauso weh, wie eine körperliche Wunde.
(Gefunden bei Kurt Woerl)
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